Wie an dieser und anderer Stelle schon thematisiert, ist es aktuell schwierig den Überblick zu behalten über Erkenntnisse, Mutmaßungen und Studienergebnisse rund um die Errungenschaften, Vor- und Nachteile der schönen neuen Arbeitswelt, insbesondere zum Home Office bzw. hybrider Arbeit.

Oft, so scheint es mir bei der Durchsicht der Artikel und Updates, wird vergessen, dass ein Zusammenhang nicht immer eine Kausalität sein muss, wenn man hört dass Home Office produktiver macht. Oder auch nicht, oder kränker oder wieder doch nicht, oder, oder, oder…

Festzuhalten ist sicher, dass hybride Arbeit und das Home Office bleiben werden und es für manche sehr gut funktioniert, für andere weniger bzgl. Produktivität, Zufriedenheit oder auch der Work-Life-Balance und Gesundheit. Genau deshalb ist es wohl schwer pauschale Zusammenhänge von z.B. „der Produktivität im Home Office“ für alle zu konstatieren.

Es braucht ausblickend m.E. deshalb eher einen „Homeoffice-Führerschein“ als ein pauschales Recht auf das Home Office oder den ebenso pauschalen Rückruf der Arbeitnehmerschaft ins Büro. Wobei den ja auch keiner macht, auch SAP nicht. Meist sind es 3 Tage, was wiederum vor Corona ja schon einem „New Work Wonderland“ entsprochen hätte.

Nun, da aber Erkenntnisse nur in Puzzleteilen vorliegen, wie wir die hybride Arbeitswelt gestalten sollten, nachfolgend ein durchaus ernst gemeinter Blick in die Glaskugel, die wie in jedem guten Berater-Office auch bei mir fest installiert ist :), zum gemeinsamen Nenner hybrider Arbeitswelt 2030:

1. Arbeitszeit und -modelle

30% der arbeitenden Bevölkerung in Bürojobs arbeitet fully remote, weltweit.

Alle anderen sind gerne wieder im Büro, ab und zu.
Die Regel ist: Drei Tage im Office verpflichtend. Mit 2 festgelegten Anwesenheitstagen, wobei es der Mittwoch und der Donnerstag sein werden.

Und: der „unbefristet-38-Stunden-30 Tage-Urlaub-Festangestellte“ ist nicht mehr erste Wahl. Freelancer, Interims-Manager, Berater, Teilzeitkräfte, Job-Sharer und befristete Verträge machen 50% der Belegschaft aus. Weil es der Arbeitsmarkt hergibt (jeder entscheidet wann er wie viel arbeitet und verdient) und die Volkswirtschaft bzw. die Sozialsysteme wiederum nicht. Letzteres frei nach dem Motto: Wieso nicht die Sozialversicherung und das unternehmerische Risiko abgeben, wenn man schon die Kontrolle an 4 von 7 Wochentagen abgibt. Eine Herausforderung für die Gesellschaft! Zu diesem Kipp-Punkt „New Work, GenY&Z und Arbeitnehmermarkt vs. globalisierter Wettbewerb“ an dieser Stelle bald mehr.

2. Büro

Das große Bürogebäude am Stadtrand oder im Industriegebiet wurde abgerissen!
Weg, platt gemacht, vergessen! Im besten Fall re-naturiert.

Wer es bezahlen kann residiert ÖPNV-, Stadt-, Kultur- und Gastro-nah in sehr schicken Boutique Büros mit Arbeitsplätzen für maximal 50% der Mitarbeiter und mit viel Raum für Meetings und Inspiration. Einzelbüros gibt es nicht, ebenso wenig einen festen Arbeitsplatz. Akten, Schränke und Schreibwaren sind verschwunden. Einen eigenen Parkplatz hat keiner mehr. Halb so schlimm, da auch niemand mehr einen eigenen Firmenwagen hat.

Einige visionäre Unternehmen oder die, die die weiter gestiegenen Mieten in den Metropolen nicht bezahlen wollen (und ihre Mitarbeiter deshalb nicht fully remote gesetzt haben), unterhalten ergänzend oder als alleinige Lösung dezentrale „Work-Hubs“ im Umland, im Grünen, am See,…

Betriebskantinen sind übrigens auch weg. Oder viel teuer und viel besser und anders, da sie viel viel mehr tun als Mittagessen kochen, z.B. im Bereich der Kultur und des BGM.

Und da das Büro nach Hause kommen durfte, darf auch das zu Hause ins Büro kommen.
Duschen und Umkleiden hat natürlich jedes Büro aber auch Familienarbeitsräume sind ebenso normal wie z.B. gute Zugänge zur Hundepension next door.

3. Home Office

Das Büro zu Hause zahlt anteilig der Arbeitgeber. Arbeitgeber bezuschussen selbstverständlich Miete (100% der Büro-Quadratmeter zu Hause), Strom, WLAN, Mobilfunk, ebenso wie Büromöbel und Pauschalen für die häusliche Verpflegung.

Der „Hybrid Work Manager“ besucht regelmäßig das Home Office und macht Angebote (Arbeitsplatzergonomie, BGM, Familienhilfe, Tech und IT, Mobiliar,…) aber auch Auflagen (Arbeitsplatzergonomie, IT-Sicherheit und Datenschutz, Brand Fit und Professionalität des Home Office Arbeitsplatzes,…).

Das Home Office, und damit der der Erstwohnsitz, liegt  übrigens nur noch im pendelbaren Umkreis des Büros. Mitarbeiter die erst am Dienstag um 11.00 mit dem ICE anreisen und Donnerstags immer exakt um 16.45 Uhr wieder im ICE nach „jwd“ sitzen müssen, mag keiner mehr. Fachkräftemangel hin oder her. Dann kann man ja gleich Freelancer beschäftigen (siehe oben).

4. Führung, Zusammenarbeit, Feedback und Kultur

Führung ist die Kerndisziplin jedes Managers. Der Chief People Officer macht dem CFO und CEO die Ansagen, nicht umgekehrt.

Leadership-Routinen, -Standards, -Tools, eine stringente Philosophie werden geschult, gelebt, durchgesetzt und nachgehalten.

360-Grad Feedback ist etabliert, auf 20 Mitarbeiter kommt mindestens ein fulltime „Hybrid Work Manager“, der auch als „BGM-Mental-Health-Feelgood-Manager“ fungiert und mindestens 14-tägig mit jedem Mitarbeiter coachend, persönlich und individuell arbeitet, auch zu Hause. Die Zeiten Anfang bis Mitte der 2020-Jahre, wo man Millionen von Arbeitnehmern autodidaktisch im Home Office rumwursteln ließ, sind so was von vorbei…

Gemeinsame Zeit im Büro wird als Quality Time „gemolken“. Mindestens 14-tägige Townhall Meetings schwören die Belegschaft ein, an jedem Donnerstag gibt’s verschiedene After Work Nettigkeiten und jedes Quartal ein inhaltlich und vor allem zwischenmenschlich wuchtiges Offsite für alle.

Und Arbeitgeber, die im Bereich der Führung und Kultur nicht geliefert haben sind weg, mausetot, vergessen, da ihnen die wichtigste und zentrale Ressource erfolgreichen Wirtschaftens abhanden kam: das Humankapital.

In diesem Sinne: „Unsere einzige Chance die Zukunft in Ordnung zu bringen, liegt in der Vergangenheit“ (Dr. Emmet Brown alias Christopher Lloyd in Zurück in die Zukunft II)