Das Berliner Abendblatt zitierte jüngst eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Arbeiten im ländlichen Raum, die Belege, „dass diese Arbeitsform gut für Umwelt, Regionalentwicklung und vor allem das persönliche Wohlergehen ist.“ Oder wie es mein Schwiegervater sagte: „kluge Wahl, ökologisch, ökonomisch und mit Wohlfühlfaktor. Ach ja, und wann schaffst du das Auto endlich ab?“
Ländlich ist mein neues Büro-Domizil noch nicht, aber da Langen stolze drei S-Bahnstationen südlich von Frankfurt liegt, zählt das ja vielleicht schon.
Denn trotz tagtäglichem intensivem People-Business (aber eben virtuell) und da ich ohnehin i.d.R. bei meinen Mandanten bin, und diese nicht bei mir, bin ich seit 15.08. „aufs Land“ gezogen und habe die mitunter repräsentative Stadtadresse in ÖPNV-Nähe und „mittendrin“ hinter mir gelassen.
Deshalb nachfolgend meine Gedanken und 6 (steile 🙂 Thesen zu den Vorzügen wohnortnahen Arbeitens am Stadtrand:
- Social & Media statt Schloss-Allee!
Die neue „repräsentative“ Adresse ist das LinkedIn-Profil, die Webseite, publiziertes in Podcasts, Blogs, Interviews, der eigene Name auf der Teilnehmerliste von Kongressen und Events.
Und das gesparte Geld des neuen Büros am Stadtrand gegenüber der Downtown-Adresse geht dann in SEO, Zeit fürs Schreiben und „PR-Arbeit“ oder auch die Bahncard 100. - Lebenszeitkonto Hurra!
In der schönen neuen Arbeitswelt regiert die Entgrenzung, ob man will oder nicht.
Ich persönlich bin ganz gut darin noch zu trennen, aber auch nur „ganz“ gut.
Effizientes Zeitmanagement des unweigerlich entgrenzten Tages, wird also wichtiger, weil Abgrenzung bewiesenermaßen gesünder und effizienter ist. Das schließt einen möglichst ökonomischen Weg zur Arbeit ein. Das Wohnort-nahe Büro also als Gegenentwurf zu Lebens- und Arbeitszeit „verpendeln“. Aber Achtung: die Realität ist meist noch, dass große Teile gewonnener Pendelzeit zu Arbeitszeit werden*. - Fußabdruck (CO2 / ökologischer) Größe 34 statt 47!
Echter ökologischer Beitrag ganz ohne Verzichtschmerzen?
Oder Greenwashing derer, die ihre SUV‘s gegen zwei neue Teslas und ein Urban Arrow Lastenbike tauschen und denken, dass Nachhaltigkeit nicht Verzicht, sondern grüngewaschener Konsum-Exzess ist…
Tausche also wirklich das Auto, den Bus, die Bahn, Park and Ride Beton gegen Fahrrad- oder Fußweg für die paar hundert oder tausend Meter ins neue Büro „in der Nachbarschaft“. Plausi-Check done (und ich bin/war nun wirklich ein Auto gern- und viel-Fahrer) - Frankfurt ist schön!
Das Umland aber auch. Und eindeutig grüner.
Lunchpause also am Langener Paddelteich oder im Naturschutzgebiet zwischen Dreieich und Langen (siehe Berliner Abendblatt, Bertelsmann Stiftung zum „persönlichen Wohlergehen“…). - Sozial- und Solidargemeinschaft. Statt „nur“ Bürogemeinschaft!
Support your local dealer! Das dürfte der Mittagstisch Italiener im Westend oder mein Stamm-Chinese im Bahnhofsviertel anders sehen, aber gut.
Man wird als „ortsansässiger Unternehmer“ Teil einer Community, einer lokalen Stadtgesellschaft, trifft die Menschen, die man auch im Verein trifft oder beim Elternabend. Das (-> Solidargemeinschaft!) halte ich durchaus für wichtig, wo wir uns doch in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu oft auf „agree to disagree“ geeinigt haben. - Familie. Kompatibel!
Last but not least: Papa (oder Mama) ist künftig nicht mehr „weg … und im Büro“, sondern in Fahrrad-weite entfernt, wenn (Spoiler: Lehrermangel) Schule ausfällt, Betreuung „platzt“.
Das Büro in Wohnort-Nähe kann also zweites Hausaufgaben-, Spiel- oder Wartezimmer (vor dem Training) für die lieben kleinen und mittelgroßen werden.
In diesem Sinne: auf in die Peripherie ins wohnungsnahe Büro.
Visitors Welcome!!!
Ein Arbeitspapier der in London ansässigen Osteuropabank (EBRD) fand heraus, dass im Durchschnitt von 27 Ländern die Heimarbeit den Beschäftigten 72 Minuten Pendelei pro Tag erspart hat. Von diesem Zeitgewinn wurden demnach allerdings ganze 40 Prozent den Arbeitgebern geschenkt. Auf der Grundlage der „Global Survey of Working Arrangements“ der Bank stellte sich auch heraus, dass von der Pendelzeit 34 Prozent in die Freizeit investiert wurde; elf Prozent wurden durchschnittlich für Sorgearbeit aufgewandt – mit einem größeren Anteil bei Familien mit Kindern.(Quelle, gefunden bei: capital.de)