„Wir beginnen uns zu verändern, wenn wir beginnen zu reflektieren“ (Humberto Maturana)
Was Maturana für den Konstruktivismus konstatiert, ist auch Teil der Theorie des systemischen Coachings. Alles hängt zusammen, alle „Systeme“ bedingen sich. Und oft kann man durch eine aus sich selbst kommende Veränderung kleiner Systeme, „größere“ Herausforderungen auflösen oder handhabbar machen. Dies ist eine der großen Stärken und kleinen Wunder, die systemisches Coaching zu bieten hat.
Was als Weiterbildung und Upskilling für Recruiting und Mentoring begann, ist inzwischen ein liebgewonnener Teil meiner Beratungsleistung. Als Prozessbegleiter und Stütze für einen inneren Veränderungsprozess biete ich seit über 3 Jahren Business- und Karriere-Coaching an für Fach- und Führungskräfte.
Coaching ist ein niedrigschwelliges und effektives Instrument, um Veränderungen zu begleiten, neue Situationen zu bewältigen und Problemempfinden zu reduzieren. Z.B. beim Onboarding, nach oder vor einem Jobwechsel, für stark beanspruchte Führungskräfte in einer hybriden Arbeitswelt oder auch wenn Mitarbeiter*innen vom Kollegen zum Chef werden. Und systemisches Coaching führt oft schon binnen weniger Wochen zu einem belastbaren, weil „eigenen“, Ergebnis.
Trotzdem ist der Ruf des Coachings oder vielleicht eher mancher Coaches mitunter ambivalent. Oftmals entsteht der Eindruck das Coaching heute das ist, was vor 30 Jahren der Abzweig in die Gastro-Karriere und vor 20 Jahren die Berufsangabe „Schmuck-Designer*in“ war.
Deshalb ein kleiner Beitrag aus dem Berater-Wiki zur Abgrenzung des Coachings gegenüber anderen Disziplinen. Denn ich bin der Überzeugung, dass man, um Coaching verstehen und wertschätzen zu können, gerade auch wissen sollte, was das Instrument kann und vielleicht auch nicht kann bzw. wie sich Coaching abgrenzt.
Was ist also Coaching?
Und was zeichnet andere Methoden aus?
Coaching…
…oder systemisches Coaching adressiert persönliche oder berufliche Ziele und ist in der Regel auf die Zukunft gerichtet. Coaching bereitet auf Neues vor oder hilft bei der Bewältigung schwieriger Situationen und Entscheidungen.
Coaches unterstützen vor allem dabei, eigene Potenziale und einen Plan zur Zielerreichung zu erstellen. Der Coach stellt dementsprechend eher Fragen, gibt nur punktuell Feedback und bietet somit Unterstützung bei der Selbstreflexion zu einer eigenständigen Lösungsfindung. Auf meinem Coaching-Spickzettel steht entsprechend auch immer wieder der Reminder an mich selbst: „Keiner Beratung, keine eigenen und übergriffigen Zusammenfassungen!“
Und ganz wichtig: Coaching ist freiwillig und vertraulich. Stilblüten wie die einer Führungskraft aus meiner Vergangenheit, die mit ihrem Mitarbeiter „ihre Ziele für sein Coaching“ besprechen wollte, verbieten sich.
Beratung…
… hingegen meint vor allem die Bereitstellung von Fachwissen, Rat und Lösungen. Ein Berater analysiert Situationen, identifiziert Herausforderungen und bietet Empfehlungen für deren Bewältigung. Im Gegensatz zum Coaching liegt der Schwerpunkt auf der direkten Anleitung oder Lösung von Problemen durch den Berater.
Mentoring…
…wiederum beschreibt den Austausch, oft auch eher eine Beziehung, in der ein erfahrener Mentor Wissen, meist aber vor allem auch Erfahrungen oder ein Netzwerk, mit einem weniger erfahrenen teilt, um eine Entwicklung zu fördern. Der Mentor ist Ratgeber, Vorbild und ermutigt.
Training…
…wie wir es klassisch auch aus dem Sport kennen, ist die Vermittlung von Fähigkeiten, Wissen oder Verhaltensweisen. Ziel des Trainings ist, Kompetenzen zu erwerben oder zu verbessern. Im Gegensatz zum Coaching (oder auch zum Mentoring), ist Training oft auch mit einem Lehr- oder Trainingsplan verbunden und gerade auch für Gruppen ausgerichtet.
Therapie…
…ist last but not least hingegen ein Prozess, um psychologische oder emotionale Probleme zu erkennen, zu verstehen und zu behandeln. Es geht also i.d.R. auch um Gesundheitsprobleme oder „fehlgeleitete und fehlleitende“ Denk- und Verhaltensmuster.
Ein guter Coach sollte diese Unterschiede beachten und mit seinen Coachees besprechen, Ziele und Möglichkeiten des Coachings klären und im Fall der Fälle auch auf andere Disziplinen ausweichen, verweisen, dritte Experten zu Rate ziehen. Insbesondere, wenn es um „heiße“ zwischenmenschliche Konflikte geht oder gerade in der Arbeitswelt, um den Verdacht eines Krankheitsbildes wie eines Burn Out oder einer Depression.
Warum ich Coaching schätze, und für ein hervorragendes Instrument erachte, Menschen und Karrieren zu entwickeln passt in wenige Bullet-Points, denn Coaching ist…
niederschwellig, „schnell“ und relativ günstig für die Coachees
zukunftsorientiert und konstruktiv problemlösend
ein Garant für belastbare und starke, weil eigene, Ergebnisse
als systemisches Coaching geradezu eine „Wunderwaffe“. Denn über das Lösen kleinerer Herausforderungen (im System), lösen sich oft die großen von ganz allein
Insofern: egal, ob die Coaching-Ausbildung in der öffentlichen Wahrnehmung heute manchmal das neue Sinnsuchen derer ist, die früher Schmuckdesigner*innen wurden, Coaching funktioniert und ist ein höchst effektives Tool gerade in beruflichen Kontexten.
Bei Interesse freue ich mich über ein Feedback und biete gerne individuell an. Für Privatpersonen und Unternehmen. Nicht nur aus dem Sportbusiness.
Mehr hier: https://www.summit-personal-marketing.de/#coaching
Die ZEIT, wie meistens klug und vorausdenkend, titelte 2013: „faul und schlau (…) die heute 20-30 Jährigen haben wenig Lust sich zu Sklaven ihrer Jobs zu machen“.
Auch die BILD stand dem nicht nach und ergänzte immerhin 2016 bereits, ebenso wie immer weniger klug und vorausdenkend: „Das will die Generation Z – nicht viel arbeiten!“
Heute, 2024 – und nach Corona – schreiben, reden und diskutieren natürlich alle und andauernd über vermeintlich neue und alte Arbeitsmoral, new Work, die 4-Tage Woche, das Home Office, Workation und vieles mehr. Und meistens wird der Ruf nach neuer Arbeit der Gen Y und Z „in die Schuhe geschoben“, fälschlicherweise.
Dem Spiegel war dies letztes Jahr einen Titel wert mit dem Aufreißer: „Wir machen uns nicht mehr kaputt! Warum die Generation Z anders arbeiten will und damit jetzt alle ansteckt!“ Ob das „Anstecken“ grade mal 6 Monate nach dem letzten Pandemiewinter damit eine bewusst gallige Konnotation haben sollte, man weiß es nicht.
Und die Politik, nicht nur rechts der Ampel, ereifert sich ohnehin, dass „…Bürgerinnen und Bürger mehr Leistungswillen zeigen müssen.“ Bundesfinanzminister Christian Lindner vorneweg auf dem Weltwirtschaftsgipfel 2024: „Zur Stärkung der schwächelnden Wirtschaft braucht es in Deutschland mehr Leistungsbereitschaft. Wir müssen über mentalitätspolitische Standortfaktoren sprechen“.
Deshalb vorab einige Gedanken zur Mentalität von Arbeitnehmern und wie Stapel-Krisen und bedingungslose Leistungsbereitschaft, Committment und Loyalität zusammenhängen.
Es gibt m.E. vor allem historische gute Gründe, auch vor und unabhängig von Corona, warum viele Menschen am Arbeitsethos des letzten Jahrtausends zu zweifeln begannen und heute gelassener und selbstbestimmter, statt vor allem demütig, auf den Arbeitsmarkt, Arbeitgeber, Vorgesetzte blicken.
Viele Arbeitnehmer, und ihre heranwachsenden Kinder, sahen spätestens 2002, in der sog. dot-com-Krise, wie weit die Loyalität vieler Arbeitgeber reichte, nämlich bis zum nächsten Quartalsbericht. Angestellte adaptierten seit 2002 dann fortwährend, dass vielleicht nicht immer erst sie Committment, Einsatz und Engagement zeigen müssten, sondern, dass man genau das durchaus auch erst mal beim Arbeitgeber abfragen sollte. Die Finanzkrise 2008 und allerlei Stapel-Krisen seit 2020 haben diesen Lerneffekt sehr sicher noch verstärkt und der Emanzipation der Arbeitnehmerschaft den Weg geebnet.
Mit der zunehmenden Entkoppelung der Finanz- von der Realwirtschaft, galoppierender Inflation, zerbröselnder Festgeldkonten und explodierenden Immobilienpreisen, kam dann wohl der endgültige Beschleuniger für diese Erosion des Gottvertrauens in stabile Karrierepfade und Wohlstandsaufbau. Millionen mussten sich die Frage stellen: „Wofür das alles?“. „Schaffe, schaffe, Häusle bauen“ war (in fast allen Ballungsräumen) vorbei und verkümmerte zu „schaffe, schaffe, mit Ach und Krach noch die Miete zahlen (in München und Frankfurt und neuerdings auch in Berlin…)“.
Die Suche nach neuer Arbeit und Sinn, ist also kein Corona-Phänomen allein oder das Hirngespinst junger Menschen, sondern das Ergebnis einer Entwicklung der letzten ca. 20 Jahre.
Neuer Arbeit das Leistungspotential abzusprechen und die Jungen „verantwortlich“ zu machen ist also ein Denkfehler und ignoriert viele gute Gründe für das Umdenken. Oder andersrum: können die Boomer denn auch die 45-Stunden-4 Tage-Woche?
Der Verweis auf den Niedergang des Wirtschaftsstandorts im globalen Wettbewerb im Zuge „neuer Arbeit“, oder in den Augen der Bedenkenträger, neuer Arbeit und weniger Kontrolle, unterstellt nun einer ganzen Gesellschaft Faulheit, ignoriert aber vor allem die Kapazitäten digital sozialisierter, mündiger Arbeitnehmer und insbes. nachrückender Fach- und Führungskräfte.
Anschluss zu halten, wird nicht in Arbeitsstunden gemessen, sondern mit den Fähigkeiten sich zu verändern. Und für viele ist eher Entgrenzung ein Problem als zu wenig Arbeit. Kein Wunder also, wenn eine always-on Generation sich auch fragt, wieso man die 40-50 h nicht auch in 4 Tagen abreißen kann statt in 5. Ohne Pendelzeiten, Kaffeepausen und Statusmeetings mit dem Boomer-Chef. Die 5-Tage-38-Stunden-Woche im Büro von Montag bis Freitag passt für eine digital sozialisierte, vernetzte Arbeitnehmerschaft vielleicht ja durchaus leicht und locker in andere Arbeitsmodelle?
Und ganz nebenbei: im Hinblick auf die Versäumnisse der New-Work-Mahner-Klientel bei der Digitalisierung, der ökologischen Wende, dem Umbau von Mobilität, dem Ausbau des Bildungswesens, fehlgeleiteter, weil von Rassismus geprägter, Migrationspolitik, hinterherhinkenden Frauenerwerbsquoten auch im Zuge allgemeiner Betreuungsnotstände u.v.m., liegen doch einige Hausaufgaben doch vielleicht noch bei bei denen, die aktuell im Kontext neuer Arbeit bereits schon wieder die „Jungen“ ins Visier nehmen. Oder, Hr. Lindner? Auf- und Zu-Schieberei auf „ein später mal“ hat ja schon bei den Klimazielen nicht funktioniert bzw. musste vom Bundesverfassungsgericht eingefangen werden.
Deshalb: „Love it or leave it“ oder „wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ (5 Mark ins Phrasenschwein).
Wenn also allein über die Demographie binnen der nächsten 10 Jahre 4-5 Mio. Arbeitskräfte fehlen, es also in allen Branchen knüppelharte Bewerbermärkte geben wird, wieso sollten dann nicht alle emanzipierten Arbeitnehmer heute schon nach guten Arbeitsbedingungen, Zeitsouveränität, Flexibilität und Selbstbestimmung suchen und sich ihren Arbeitgeber danach aussuchen?
Wer (die Arbeitnehmer) kann, der kann und sollte es auch tun. Dagegen anzuhetzen, mag in den Untiefen politischer Gesinnung verfangen, ist aber schlicht und einfach am Markt vorbei.
Die Grundüberlegung mit der wir alle „neuer Arbeit“ begegnen sollten, sollte wohl grundsätzlich eher die sein, dass eine offene Gesellschaft und unsere starke Volkswirtschaft zeitgemäße Rahmenbedingungen schaffen kann und muss, in der ein Morgen gestaltet wird, statt einem Gestern und Vorgestern der Industrialisierungswunder und der Nachkriegsjahre nachzutrauern.
Andere Arbeit gilt es anzunehmen und anzugehen, statt sie zu verteufeln. Denn Weggehen werden das neue, das andere Verständnis von Arbeit nicht, egal wie laut wer auch immer schreit.
Und vielleicht fangen wir dann auch an über die vielen Chancen von flexibler Arbeit, digitaler Netzwerke, von Work-Life-Balance und Gesundheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, neuen Freiräumen für Innovationen, Quality statt Quantity time im Büro u.v.m. zu sprechen.
Auf LinkedIn das eigene Business zu flankieren, bedarf für mich, so profan es klingt, vor allem Authentizität und Kontext. Die Kennzahl für den Erfolg ist weniger die Größe als die Qualität des eigenen Netzwerks, sowie die Reichweite und Responserate auf Beiträge und Kontaktanfragen.
LinkedIn ist m.E. auch längst ein obligatorisches Instrument für das Personal Branding als Teil des Corporate Brandings. Getreu dem Motto „man kann nicht nicht kommunizieren“, wundert es mich, wer auch im Sport LinkedIn nicht nutzt, sich aber anderweitig als Speaker einer Brand versteht.
Fürs Personal Branding in den Socials gibt es wenige einfache Regeln: Ziele festlegen; Zuhören – Interagieren – Kommunizieren, statt nur Absenden; persönliche Standpunkte vertreten statt Allgemeinsätze oder corporate News; Fehlertoleranz wie auch Gelassenheit leben: „Any one tweet is neither a home run nor a black mark“ (abgekupfert bei “The Engaged Leader“, ein tolles Büchlein aus 2015, interessanterweise also aus der grauesten Vorzeit in Internetjahren bemessen).
Die Theorie der Stärkenorientierung ist sicher vielen, auch im Sportbusiness, etwa über Gallups Strengths Finder schon mal untergekommen.
Als Beitrag zu einem glücklichen und gelungenen (Berufs-)Leben, ist Stärkenorientierung und positive Psychologie in einem New Work Denkmodell aktueller denn je, und der Dreiklang aus Talent, Zufriedenheit und Erfolg klingt plausibel:
Erfolg ist ein zentraler Faktor für Zufriedenheit
Erfolg stellt sich ein, wenn wir Dinge tun, die wir gut können
Dinge, die wir gut können, entsprechend unseren Talenten, also Stärken
So weit, so gut.
Warum Stärkenorientierung aber gerade im Recruiting, also erst mal abseits von Stärkenorientierung als Führungsphilosophie, wichtiger wird und mich sogar fast verleitet die Lieblingsvokabel der Kanzlerin AD zu bemühen – „alternativlos“ (übrigens auch Unwort des Jahres 2010), möchte ich gerne erläutern.
Stärkenorientierung als Grundlage zeitgemäßen Recruitings in Bewerbermärkten und in einer Arbeitswelt im Wandel.
Wie an anderer Stelle bereits erörtert, sonnt sich unsere Branche, „der Sport“, sicherlich noch eine kleine Weile in 30 Jahren Wachstum und relativ sehr großer Begehrtheit als Arbeitgeber und kultiviert so, selbst die für KMU’s, arg überschaubaren Strukturen und Prozesse im Bereich People & Culture, die man sich bis heute leisten kann, konnte. Fachkräftemangel verortet man (noch, noch einige Monate und noch zu Recht) anderswo.
Dort, wo der Wettbewerb um die Besten, jedoch schon angekommen ist, z.B. bei IT-Jobs, Vakanzen im „digitalen Marketing“ oder beim Werben um die besten Vermarkter und Vertriebler, sieht es schon anders aus. Employer Branding steht zumindest auf der Agenda, Personalberater dürfen ran, Mediabudgets werden geplant und im Idealfall verabschiedet man sich vom Grundkonzept Vorstellungsgespräch i.S. eines Interviews und begibt sich auf Augenhöhe in einem zugewandten Recruiting-Prozess. Und in eben diesem ist dann Stärkenorientierung die Königsdisziplin.
Aber der Reihe nach…
Allem Anfang liegt die Erkenntnis zu Grunde, sich als Arbeitgeber erst mal ehrlich zu machen, das eigene Angebot zu kennen, auch im Wettbewerb, eigene Stärken und Schwächen zu verstehen, als Unternehmen aber insbesondere auch in den Teams, um dort komplementär passende Talente an Bord zu holen, statt weitere mini-Me’s.
Im Prozess selbst, also in der eins-zu-eins Korrespondenz vom ersten Call bis zum dritten persönlichen Gespräch, heißt Stärkenorientierung dann vor allem aktiv nach diesen komplementären Talenten und Stärken zu suchen, statt nach Schwächen und Herausforderungen.
Das klingt profan, unser Schul- und Ausbildungssystem und vielleicht auch unsere deutsche Mentalität on top, machen aber genau das Gegenteil: Schwächen suchen, markieren, dann aussortieren.
Aussortieren statt Anstellen sollte sich aber heute kein Unternehmen mehr leisten. Gegenseitiges nach Schwächen suchen führt nie zum Ziel, nicht im Recruiting aber auch in keiner anderen Art der menschlichen Beziehung. Sich ergänzende Stärken zu fördern, zu kombinieren hingegen, führt erwiesenermaßen zu einer besseren Zusammenarbeit und größerer Bindung, also auch zu weniger Fluktuation.
Die Grundidee der Stärkenorientierung trägt dann insbesondere im laufenden Arbeitsverhältnis: Stärken kann man Stärken, Schwächen werden jedoch nie zu Stärken. Stärkenorientierung heißt aber nicht, Schwächen zu ignorieren, es geht vielmehr darum, nicht diese zum vordergründigen Kriterium zu machen. Weder bei der Auswahl, noch bei der Personalentwicklung.
Und wie setzt man das konkret im Recruiting nun um?
Einige Beispiele, Ideen und Konzepte aus meiner Praxis:
Prozessgenauigkeit:
Jeder Recruiting-Prozess sollte klar voneinander getrennte Schritte definieren, d.h. es muss klar sein, was im ersten, was im zweiten u.s.w., Gespräch stattfindet. Und vor allem: was nicht!
Die leider häufig praktizierte Unart sich wiederholender Tribunale, in denen Kandidaten*innen auch im dritten Gespräch, dann mit der GF, erneut den CV vorlesen müssen und vor allem kritisch alles hinterfragt wird, führt nicht zum Erfolg, vergrault Kandidaten*innen. Wenn die GF den Mitarbeitern nicht zutraut in ein drittes Gespräch nur top Leute zu bringen, dann muss sie oder er höchst selbst ins Erstgespräch. Oder aber die rekrutierenden Mitarbeiter müssen sich hinterfragen, wen sie “vorlassen”.
Tribunal-Hopping funktioniert aber ganz sicher nicht mehr, das spricht sich herum und auch Kandidaten*innen, die bereits weit gekommen sind, steigen aus, wenn sie das Gefühl haben nach vielen Wochen, Terminen, Reisezeit, der Erarbeitung einer Case Study u.v.m. noch mal zum “Hütchen-dribbeln” antreten zu müssen.
Stärken-Protokoll:
Der Einsatz eines Stärkenprotokolls entlang der Stellenspezifikation und der Talente und Stärken des Teams zwingen uns per Formalie den Fokus auf eben diese Stärken zu richten.
Klingt profan, ist aber vor allem reproduzierbar für alle Kandidaten*innen und objektivierbar für alle Recruiter.
Und ganz wichtig: jegliche standarisierte Form der Analyse hilft zu vermeiden, dass unbewusste Stereotypen die Oberhand gewinnen, weil man subjektiv, improvisierend für das eigene mini-Me passend auswählt, bewertet, kritisiert.
Case Study:
Case Studies sind und bleiben relativ einfache, sehr gute und für alle Beteiligten effektive Assessment Tools. Kandidaten*innen können zeigen, was sie drauf haben, man verlässt die Ebene theoretischer Fragen um den heißen Brei herum und der potentielle Arbeitgeber sieht ganz genau, wie jemand eine Aufgabe löst, die sie oder er sowieso im Job in Woche 3 auf dem Tisch gehabt hätte.
Nun gibt es aber Spezialisten, die eine Case Study ad hoc im Termin aushändigen, 15 Min. Vorbereitungszeit einräumen und 10 Min. präsentieren lassen. Und bestenfalls die Aufgabe noch allgemein und möglichst “groß” formulieren i.S. von “bitte präsentiere eine Aktivierung für unseren Hauptsponsor”.
Eine solche “Case Study” ist das Paradebeispiel für Schwächenorientierung. Natürlich gibt es Kandidaten*innen, die auch diese Aufgabe gut lösen, man schafft aber mit der Case Study “im Termin” Rahmenbedingungen, die vor allem erschweren, verkomplizieren, geradezu das Scheitern erbetteln. Ganz zu schweigen davon, dass gute Kandidaten*innen sich einer solchen Willkürübung auch gern entziehen und gedanklich aussteigen. Man gewinnt rein gar nichts, verliert aber die Gelegenheit, dass Kandidaten*innen, die man ja bereits in mind. 1 Gespräch gut fand, unter realen Bedingungen ihr Können, Ihre Talente und Stärken, zeigen können.
Lebens-Lauf und -Leistung würdigen:
Ich hoffe hier nicht falsch verstanden zu werden, es geht bei der Stärkenorientierung gerade im Recruiting nicht darum, Kandidaten*innen gut zu finden, die im Prozess nix abliefern, nicht auf den Punkt kommen, blass bleiben. Aber in vielen Recruiting-Prozessen wird das Erleben in den wenigen Gesprächen weit überbewertet und der CV, einschlägige Referenzen, objektive Lebenserfahrung eher unterbewertet.
Ich nenne das wie oben schon einmal erwähnt: “Hütchen-dribbeln”. Denn manchmal ist es so, wie wenn man einen Bundesligaspieler mit 500 Einsätzen in der höchsten Spielklasse, der von einem top Club kommt und gestandener Familienvater ist, im Probetraining nochmal 20 Min. Hütchen-dribbeln lässt, um dann mit Genugtuung oder Verwunderung festzustellen, dass die oder derjenige in Minute 27 des Probetrainings eins der Hütchen umgeschuppst hat. Das kann man machen, man verbaut sich nur erfahrungsgemäß selbst den Zugang zu vielen Talenten, wenn man nicht auch das Gesamtbild im Auge behält und vielleicht trotz eines schwächeren zweiten Gespräches, mal ein drittes wagt, weil die oder der Kandidat eben 15 Jahre Berufserfahrung hat und bei 3 sehr relevanten Marktteilnehmern bereits ungekündigt einen Weg ging.
Befürwortern statt Kritiker das letzte Wort geben:
Und erneut eine Trivialität vermeintlich: man sollte versuchen, wenn es auf der Kippe steht für eine Zu oder Absage, auch mal die Befürworter entscheiden zu lassen. Gelebte Praxis ist meist das Gegenteil, man scheut Risiken, mag nicht Verantwortung übernehmen und verpasst so mitunter Menschen an Bord zu holen, die sich noch entwickeln können und dürfen. Oft ist dies auch der Hemmschuh für mehr Diversität, es wird nur eingestellt, wenn alle vermeintlich 100% d’accord sind. Der Mensch als Herdentier ist das meist am ehesten bei seines Gleichen…
In diesem Sinne: „Richte deinen Fokus auf die Lösung und nicht auf das Problem.“ (Mahatma Gandhi).
Stärkenorientiertes Recruiting macht mehr Freude und liefert komplementär passendere Kandidaten*innen. Und ganz nebenbei: Im Wettbewerb um die Besten ist es meines Erachtens “alternativlos”. Denn am Ende entscheiden die Kandidaten*innen in welcher Kultur sie arbeiten möchten und der Gradmesser hierfür ist vor allem auch die eigene Erfahrung im Recruiting-Prozess.
Was agile Führung ist und wie sie Unternehmen voran bringen kann, wird Thema im Webforum AGILE FÜHRUNG der ESB sein. Im Vorfeld wurden ESB-Partner befragt, wie sich die Rolle der Führungskräfte in den letzten 10 Jahren in ihren Augen verändert hat, welche Tipps sie für zukünftige Entscheider geben können und wie sie die Zukunft von Führung sehen. Hier meine Gedanken-Skizzen aus der Sicht von Summit dazu.
Das Grundverständnis von Führung kann man gerade im Sport nicht diskutieren, ohne den großen Disruptor Corona zu betrachten.
Aber der Reihe nach.
Führung muss der Veränderungsgeschwindigkeit der letzten 20 Jahre gerecht werden und agil, flexibel, partizipativ sein, nicht delegierend, autoritär, kontrollierend. Im Sport mit vielen KMU’s, 25 Jahren Wohlfühl-Wachstum, kaum Fachkräftemangel war Führung weder ein Problem noch eine Kunst, man «führte» halt, autodidaktisch.
Und dann kam 2020…
In der neuen Arbeitswelt ist Führung zu einer, oder sogar der erfolgskritischen Ressource geworden. Die Führungskraft muss alle Aspekte der hybriden Welt managen: Büro und Home Office, komplexeste Zusammenarbeit über Technologie, Methoden und Prozesse, Kompetenzentwicklung und Leistungskontrolle, das Leben und Beleben von Kultur und Werten. Und das für und in Unternehmen, die man kaum mehr von innen sieht.
Tipps wie das gelingt?
Zuhören, Lernen
Individuell führen und fordern
Echtes New Work mit Selbstbestimmung, Flexibilität und Zeitsouveränität zulassen und «aushalten»
Und sich selbst Zeit zum Führen nehmen. Führung ist nichts (mehr), was nebenher funktioniert
Warum die Positionierung einer Arbeitgebermarke, aka Employer Brand, kein Kreativprozess ist und auch im Sportbusiness Positionieren statt Improvisieren gelten sollte.
Braucht es denn überhaupt für die begehrten Unternehmen im Sport eine Positionierung als Arbeitgebermarke?
Meistens ist das Feedback am Markt ein „Ja. Aber“. „Ja, aber“ im Sinne von „Ja, aber Marke haben wir doch schon“ oder „Ja, haben wir auf der Uhr. Grad aber nicht Prio und ist ja auch teuer“ oder „Ja, aber zwei meiner Kollegen*innen setzen sich da dran die Tage“. Und manchmal ist das Feedback auch ein „Hör mir uff, unsere Marke spricht für sich!“
Markenpositionierung bzw. das, was damit wirklich gemeint ist, braucht deshalb mitunter eine etwas akademisch wirkende Herleitung leider.
Denn Markenpositionierung ist kein Kreativprozess, kein Wünsch Dir was (der GF), nicht der Kanon aus vier Attributen (meine „Favoriten“: innovativ, dynamisch, traditionsbewusst, erfolgreich) oder ein daumendickes Brand Book mit ganz vielen schönen Bildern und 28 wohlklingenden Statements.
Markenpositionierung ist Handwerk.
Objektivierbare Daten aus dem Unternehmen, von den Mitarbeitern, aus dem Bewerbermarkt und aus dem Markt und Wettbewerb sind zentral, um eine Positionierung herzuleiten und zu erarbeiten. Schmissig-knackig-kreatives ist fehl am Platz.
Markenpositionierung ist außerdem vor allem positionierend, also authentisch und mutig. Und für jedermann anwendbar. Und last but not least: im Mittelpunkt einer guten Markenpositionierung steht die Nutzenorientierung gegenüber der Zielgruppe, als das „Freude am Fahren“, das sich eben fundamental unterscheidet von der Eigenschaftenperspektive „300 PS, breite Schlappen und Ledersitze“.
Für Arbeitgebermarken ist eine handwerkliche Positionierung in einem etablierten Modell auch deshalb so wichtig, weil Arbeitgebermarken sehr schnell „transparent“ werden. Die Kultur des Unternehmens durchsteigt jeder Mitarbeiter nach allerspätestens 100 Tagen (den viel zitierten…). Mumpitz und Wunschbilder der Marke im externen Employer Branding fallen also schneller mit großem Knall auf die Füße, als bei vielen anderen Markenversprechen von Konsumgütern, wo über einige der 4 P‘s schön und bunt gemalt und erzählt werden kann, bevor man merkt was „Marketing“ und was Realität war.
Und warum tangiert Employer Branding nun auch das Sportbusiness mehr denn je?
„Der Sport“ rekrutiert seit etwa 10 Jahren auch viele Spezialisten von außerhalb, für die die Branche zwar aus hyperemotionalen wohl bekannten Publikumsmarken besteht, für die diese Marken als Arbeitgeber aber oft in Gänze unbekannt, unverstanden sind. Der Fachkräftemangel und Kampf um diese Spezialisten, aber auch ein indirekter Fachkräftemangel im Sport, indem andere Branchen Mitarbeiter abwerben, verschärft die Lage. Sich zu erklären, zu verkaufen, ja, sich zu bewerben, obliegt nun auch einst „sagen-umwobenen“ Sportbrands, die nun etwas tun müssen für gute IT‘ler, die besten Vertriebler oder auch „nur“ den besten Social Media Manager.
Kleine und größere Image-Probleme gerade des organisierten Sports mit Weltmeisterschaften in Autokratien und allgemeiner Weltentrücktheit im Umgang mit sich selbst, Sponsoren oder Fans, machen Teile des Business auch nicht für jeden attraktiver. Und gefühlt 20 Jahre Fußball Monopol, übrigens eine deutsche Alleinstellung, haben ebenso nicht nur geholfen junge, diverse Zielgruppen anzulocken. Mehr und andere Wettbewerber schlafen außerdem nicht.
Da war es in der Vergangenheit schon wenig hilfreich, wenn (fast) jeder halb-große Player im Sportbusiness für sich in Anspruch nahm, etwas ganz besonderes zu sein. Ja, die Agentur-Kunden mögen Audi und adidas sein, der Verein 100 Jahre Tradition haben und die GmbH den dicksten Obstkorb vorhalten … wenigen fällt aber auf, dass auch alle Wettbewerber eben vice versa BMW und Mercedes, Nike und Puma ihre Kunden nennen, 105 Jahre Tradition für sich reklamieren oder sogar noch einen Tischkicker (Anm.: WOW….!) zu bieten haben. Es ist also Zeit für Reflexion und Positionierung, will man vor der Welle schwimmen.
„Ins Tun kommen“ leicht gemacht. Nur in der richtigen Reihenfolge eben.
Gerade Arbeitgebermarken lassen sich sehr schön mit etablierten identitätsorientierten Markenmodellen positionieren über Eigenschaften, Nutzen und die Tonalitäten. Was dann, handwerklich und Daten-basiert, entsteht, passt auf einen Bierdeckel, ist belastbar, weil stringent hergeleitet, und kann von (fast) jedem angewendet werden. Aus eigener Erfahrung darf ich sagen, dass das bei 40 Seiten Brand Book mit schicken Bildern und dutzenden Aufreißer-Headlines nicht der Fall ist. Und um einer handwerklichen, professionellen Positionierungsarbeit den letzten Schrecken zu nehmen, sei gesagt, dass gerade eine Arbeitgebermarke auch dynamisch sein darf. Nicht in den Grundzügen veränderbar, aber modellierbar zu bleiben, macht eine gute Marke aus.
Mit professioneller Hilfe kann also (fast) jedes Unternehmen auch im Sportbusiness in wenigen Wochen und mit dem Aufwand von 2-3 intensiven Workshop-Tagen eine echte Positionierung bauen und die eigene Candidate Journey im Lichte dieser Positionierung filetieren, strukturieren und Quick Wins, wie auch projektierbare Optimierungen, ableiten. So, und nur so, kommt man zielgerichtet „ins Tun“: Dann kann mit dem (externen) Employer Branding begonnen werden, nicht umgekehrt.